Was mache ich eigentlich den ganzen Tag? Ich schrieb ja schon, dass ich die Einschränkungen in meinem täglichen Leben gar nicht so sehr spüre, im Vergleich mit „vor Corona“ hat sich bei mir daheim nicht viel verändert. Nur dieses komische Gefühl…
Heute schreibe ich mit, wie ein Tag bei mir zu Hause (Single-Haushalt, HomeOffice seit Jahren) aussieht.
6:30 Uhr Aufwachen ohne Wecker. Überlegen, ob ich aufstehen soll oder mich nochmals auf die andere Seite drehe. Aufstehen. Erste Wege in der Wohnung: Balkontür auf, dann aufs Klo. Juhu, es ist genug Klopapier da! Die kleinen Freuden sind doch so schön!
6:35 Uhr bis irgendwann zwischen 7:00 und 7:30 Kaffee und langsam in die Gänge kommen. Balkontür zumachen. Keine Nachrichten anschauen! Stattdessen Enkel-Videos und Enkel-Fotos gucken, Auftragslage checken. Feststellen, dass in neun Monaten Weihnachten ist.
8:00 Uhr Rechner einschalten, nochmals auf die Auftragsliste schauen, feststellen, dass ich um 9:00 was fertig haben muss, Schlusskorrektur fehlt. Und noch ein weiterer Auftrag bis irgendwann heute Nachmittag. Den ersten Auftragstext nochmal durchlesen, nette Grüße dazu schreiben und wegschicken.
8:10 Uhr zweiter Kaffee, Mail an großen Enkel schreiben, WhatsApp-Nachrichten beantworten. Eine liebe Freundin macht momentan Videos für das Montessori-Kinderhaus, in dem sie arbeitet. HomeOffice mal anders – ich durfte einen Blick in ein spannendes Frosch-Projekt werfen. Danke!
9:00 Uhr Text über „Urlaubsfeeling mit exotischen Wandtattoos“ verfassen. Na, das passt doch zur aktuellen Lage. Vermutlich werden wir heuer alle unseren Urlaub daheim verbringen. Bei schönem Wetter auf Balkonien und im Garten, sofern vorhanden, bei Regenwetter mit Sicht auf ein exotisches Wandtattoo.
10:00 Uhr Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts anschauen. Heute jedoch nicht, kommt nur noch Montag, Mittwoch, Freitag. Fernseher sofort wieder ausschalten, nicht zu OE24.at wechseln! Für manche Sender ist die derzeitige Lage ja ein gefundenes Fressen. „Hier die neuesten Nachrichten! Alle Infektionen, alle Horrorbilder, alle Toten!“ Nein danke. Falls ich doch hängenbleibe: Da spaziert eine Möchtegern-Reporterin durch das leere Wien und stellt fest, dass die Wiener Linien jetzt in größeren Abständen fahren. O-Ton: „Die Intervalle werden kürzer!“ Nein, sie werden länger. Aber macht ja nix, wir bleiben eh daheim, da ist es egal, in welchen Abständen die U-Bahn fährt.
10:30 Uhr Hunger, Zeit fürs Frühstück, hartgekochtes Ei, Brot mit Kräuterfrischkäse und Gurke. Große Kanne Tee kochen, Wasserkaraffe auffüllen, dann weiterschreiben.
13:00 Uhr Auftrag fertig, Mittagspause, zwei Orangen essen. Zu müde für irgendwas Produktives. Eigentlich wollte ich raus, aber jetzt mag ich doch nicht. Mittagsschlaf mit Buch, derzeit „Ein Tod ist nicht genug“ von Peter Swanson. Guter Krimi, spannend, aber kaum brutal. Ich schaffe Seite 197 bis 234, dann schlafe ich ein.
16:00 Uhr dritter Kaffee, zwei Maoam als Kuchenersatz. Aufräum- und Aussortierstunde. Nachdem mit viel Glück heuer ein Umzug ansteht, muss ich Sachen loswerden, die ich schon länger nicht mehr brauche. Heute zwei Schubladen einer Kommode in Angriff nehmen. Ach ne, ich hab jetzt doch keine Lust. Lieber noch ein bisschen weiterlesen.
18:00 Uhr Balkonklatschen! Ja, das ist jetzt in der zweiten Woche der Ausgangsbeschränkung in Ö ein wichtiger Bestandteil des Tages. Beim allerersten Mal waren wir nur wenige. Der Sinn dahinter soll ein Dankeschön an alle sein, die in den sogenannten „systemrelevanten“ Berufen arbeiten. Bei mir gehen fast alle Balkone in den großen Innenhof. Draußen auf der Straße hört man von unserem Applaus wahrscheinlich nichts oder nicht viel. Aber: Als wir das erste Mal klatschten, rief eine Nachbarin vom dritten Stock herunter: „Danke! Ich arbeite beim Billa!“ Ich war vorher skeptisch, ob solche Aktionen wirklich was bringen. In diesem Moment war mir jedoch klar: Ja, tun sie. Inzwischen ist der tägliche lautstarke Applaus in meiner Wohnanlage für uns alle, die wir hier wohnen, ein Zeichen des Zusammenhalts. Vor allem die vielen Kinder sind mit Begeisterung dabei. Wir klatschen, winken, lachen und rufen uns von Balkon zu Balkon gute Wünsche zu. Schön!
Ich stelle mir das sehr schwierig vor, mit Kindern über Wochen in der Wohnung zu bleiben. Wenn dann noch HomeOffice und HomeSchooling dazu kommen, trifft vermutlich oft dieser Satz zu: Daheim bleiben, daheim arbeiten und gleichzeitig Kinder mit Schulstoff beschäftigen gleicht dem Versuch, bei Orkan ein Zelt aufzustellen. (Woanders gelesen, für gut befunden und geklaut.)
Wie ein Teil meiner Familie mit der Herausforderung umgeht, lässt sich HIER nachlesen. Ich habe jedenfalls großen Respekt vor allen, die sich momentan durch diverse Schwierigkeiten wurschteln!
18:32 Uhr Sohn aus Augsburg schickt tägliches Abend-Video vom jüngsten Enkel, der irgendwelche Sachen durch die Gegend wirft. Begleittext: „Der erste dreht hier schon durch“ mit Grinse-Smiley. Mehrfach Video angucken, andere Enkel-Videos und Fotos anschauen. Schön, dass es euch gibt!
19:10 Uhr Abendessen. Zwei Weißwürste, süßer Senf, Laugenstangerl, Tomatensalat, Vanillejoghurt.
20:00 Uhr Telefonat mit Freundin, Austausch von Neuigkeiten, Ängsten, Sorgen, Traurigem und Lustigem.
22:00 Uhr noch bisserl fernsehen, hin und her zappen, Sender ohne Corona suchen, stricken, Tee mit Rum. Um die Schokoladenschachtel herumschleichen. Stattdessen noch einen Apfel essen.
Irgendwann vor dem Fernseher einschlafen, oder im besseren Fall, rechtzeitig ins Bett finden.
Daheim bleiben ist also gar nicht so schwer, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Nur ist das halt nicht überall der Fall. Dazu mehr im nächsten Blogpost C wie Caritas.
Bleibt gesund!